Tiraspol, Transnistrien
Osteuropa 2014

Tag 12 – Auf nach Tiraspol in Transnistrien

Auf nach Tiraspol in Transnistrien

Mittwoch, 04.06.2014


Die heutige Tagesetappe ist Tiraspol. Tiraspol ist die Hauptstadt von Transnistrien. Ein Land, dass es eigentlich gar nicht gibt und von keinem Staat der Welt anerkannt wird.

Zunächst geht es aber „Milestii Mici“. Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichen wir den größten Weinkeller der Welt. Da wir die Führung am Vorabend nicht gleich richtig reserviert haben, kann uns die nette Dame nur eine dreiviertel Stunde zur Verfügung stehen. Kein Problem, besser als nichts. Wir setzen uns alle in den T4-Bus und fahren hinein. Super, mit einem Bus in einen Weinkeller zu fahren.

Kalte Luft schlägt auf unsere Glieder. Hier in diesem 80 km befahrbaren Labyrinth herrschen konstant 12°C. Das sind perfekte Lagerbedingungen für Wein. Sogar Straßennamen, benannt nach beliebten Reebsorten, gibt es hier. Riesige Fässer, Tanks und unzählige eingestaubte Flaschen werden hier gelagert. Es müssen Millionen von Flaschen sein.
In einem separat abgetrennten Keller befinden sich Weindepots von Familien aus China und Rußland, Restaurants und sogar von Städten. Guter Wein ist eine sichere und gute Anlage, die stetig im Wert steigt.
Leider wurde in den 80 er Jahren der Großteil des Weins von Gegnern des neuen sowjetischen Regimes unter Gorbatschow vernichtet. Darum findet man hier nur die neueren Jahrgänge ab 1986. Lediglich 2 Flaschen aus dem Jahr 1975 haben überlebt. Der Preis pro Flasche ist ca. 2000 Dollar. Soviel wollten wir dann doch nicht ausgeben und entscheiden uns für die etwas günstigeren Sorten.

Zu einer Verkostung reicht die Zeit nicht mehr, denn wir müssen los nach Transnistrien.

Wir fahren auf der Nebenstraße R2 bis zur Grenze und sind schon recht gespannt was uns da erwartet.
Die erste Vorkontrolle erfolgt schon mehrere hundert Meter vor der eigentlichen Grenzstation. Pässe zeigen, KFZ-Nr. aufschreiben und die obligatorische Frage ob wir Journalisten sind oder professionelle Fotoausrüstung dabei haben. Njet. Haben wir nicht. Glaubt er uns aber nicht, deswegen alle Autotüren auf und Kontrolle.

Was ist das? Wozu braucht ihr jenes? Wo wollt ihr hin? Seid ihr auch wirklich keine Journalisten?
Wir zeigen alles bereitwillig, sind stets nett und haben immer ein Lächeln auf den Lippen. Auch wenn hier alle ein wenig nervös sind, das funktioniert.

Als nächstes braucht jeder eine Migrationscard. Diese bekommen wir bei einem netten transnistrischen Beamten, der auch etwas Englisch kann. Der Zettel ist etwa 5×5 cm groß, gilt für 10 Std Aufenthalt und ist der einzige Nachweis, dass man legal eingereist ist. Sollte dieser abhanden kommen, könnte man ein größeres Problem bekommen. Wir wollen aber 2 Nächte bleiben und müssen uns nach erfolgter Einreise ein weiteres Dokument besorgen. Später dazu mehr…
Ein weiterer Schritt ist die Zollerklärung zur vorübergehenden Einfuhr für das KFZ. Dazu füllt man einen blauen Zettel (Fahrzeugtyp, Nr. usw.) in doppelter Ausführung aus. Unter Vorlage des Fahrzeugscheins erhält man den Stempel zahlt etwa 10€ und darf weiter. Wenn man sich dabei etwas dumm anstellt, wird einem auch geholfen.

Nun folgt die eigentliche Passkontrolle, welche eigentlich relativ schnell geht. Viel wichtiger ist hier die kleine Migrationscard welche abgestempelt wird. Noch mal die Frage, ob wir Journalisten sind und schon kann es weiter gehen.

Jetzt sind wir also in dem Land, das es eigentlich nicht gibt. Doch gibt es. Auch wenn es kein anderer Staat der Welt anerkennt, wir tun es.
Schon sieht man erste Militärs hinter Sandsäcken und Schutzbarrikaden, welche irgendwelche Straßen bewachen. Vorbei an bunten Propagandatafeln fahren wir bis zum Parlamentsgebäude. Davor grüßt uns schon die Statue von Wladimir Iljitsch Lenin.
Achtung! In der PMR (Prednitrischen Republik) ist das Fotografieren von Militärgebäuden und des Parlaments verboten!

Auf der anderen Straßenseite, befindet sich eine Gedenkstätte.
Ein Panzer, die ewige Flamme und Gedenktafeln erinnern hier an den Bürgerkrieg von 1990 – 1992.

Nun wollen wir aber wissen, wo unsere zuvor gebuchte Unterkunft ist. Eigentlich war geplant, dass sich ein Guide, der im Preis des Hostels mit inklusive ist, mit uns trifft. Leider wird er sich verspäten und wir machen uns selbst auf die Suche. Ul. Karl-Marx 13 soll das Hostel sein. Fehlanzeige, hier stehen nur verkommene Mietshäuser herum. Kann nicht sein. Wir erinnern uns an das Gespräch mit dem netten Zöllner, als wir ihm unsere Zieladresse nannten. Da meinte er doch: nix Tiraspol, das ist Ternovka. Da geht uns so langsam ein Licht auf. Wir wohnen nicht direkt in der Stadt, sondern in einem Dorf namens Ternovka.

Wir fahren weiter durch die Stadt. Durch ein blödes Missverständnis geraten wir in die nächste Militärkontrolle. Man sollte auf keinen Fall Militär fotografieren. Jetzt haben wir eins aus direkter Nähe, mit Gesicht.
Also alle Pässe und Papiere noch mal raus. Hier geht’s schon ein bisschen robuster zu. Dann wird von den strengen Militärs alles fotografisch aufgenommen. Tja was die dürfen, ist für uns strengstens verboten. Das Bild behalten wir trotzdem.

Uns ist langsam so ziemlich alles Wurst, denn wir haben Hunger. Wir setzen uns in einen schönen Biergarten wo wir den Platz eher zugewiesen bekommen. Wahrscheinlich sollen die anderen Gäste nicht mitbekommen, dass Deutsche da sind. Leichtsinnigerweise bestellen wir Getränke und Speisen ohne Karte direkt beim Chef. Es gibt drei große Platten mit Schaschlik dazu Salat und ein paar Bier. Ganz lecker und super zubereitet.
Mit der Rechnung kommt das Erwachen. 135€ für Alles. Ok, in Deutschland wäre das normal. Aber hier? Auch egal. Wir bezahlen sicherlich den doppelten Preis, aber selbst Schuld.

Mittlerweile ist auch unser Guide für die nächsten 2 Tage eingetroffen. Timosin (Tim) heißt er, spricht sehr gut Englisch und sieht gar nicht so aus als ob er von hier kommt. Zuerst macht er einen halsabschneiderischen Eindruck auf uns. Später merken wir aber, dass er nur über die Runden kommen will. Wir setzen uns in die Autos und fahren ins Hostel. Der nette Grenzbeamte hatte recht. Wir wohnen in einem Dorf etwa 5km vor Tiraspol. Ein nett hergerichteter Garten umgeben von mehreren schwarz gebauten Gebäuden. Für unsere Ansprüche soll es reichen auch wenn es keine 5 Sterne verdient.

Nach dem Beziehen der Zimmer und dem notwendigen Duschen, bestellen wir ein Taxi und fahren mit unserem Guide in die Stadt zurück. Zunächst benötigen wir erst mal wieder Geld. Transnistrien hat seine eigene Währung, den transnistrischen Rubel.
Unser Guide zeigt uns einen Geldautomaten und empfiehlt uns US Dollar abzuheben. So ein Quatsch denken wir und heben natürlich Rubel ab. Bein Geldautomaten gibt es die beiden Möglichkeiten Rubel und US Dollar. Als wir Tim sagten, dass wir gleich Rubel abgehoben haben, klärt er uns auf dass wir jetzt russische Rubel in der Hand haben. Ach herje, was nun?
Kein Problem, meint er und kein Problem sagt er sehr oft. Wahrscheinlich seine Lieblingsfloskel.
Man bekommt in Transnistrien keine Landeswährung am Geldautomaten. Jedenfalls nicht als Ausländer. Wir müssen in eine Wechselstube. Bald darauf haben wir jedenfalls eine paar Scheine in der Hand und können ausgehen.
Eine Terrassenbar gefällt uns ganz gut und sehr schnell rücken wir mit ein paar moldawischen Damen die Tische zusammen. Ein Kauderwelsch aus Russisch, Englisch und Deutsch entsteht. Einige der Damen haben schon ordentlich eins in der Rübe, was die Verständigung nicht unbedingt erleichtert. So richtig konnten sie es nicht verstehen, warum wir hier in Ihrem Land sind. Auch jegliche Erklärungen unserer bisherigen Tour scheiterten.
Egal. Wir bestellen eine Flasche Wodka und stoßen mit Nastrowje und Druschba an.
Um die Ecke erwartet uns noch eine Disko die wir besuchen wollen. Da sehen wir die wahren Schätze von Transnistrien – lauter bildhübsche Frauen. Wir feiern noch bis 3 Uhr und lassen uns von einem Taxi in unser Dorf bringen. Der Taxifahrer bemerkt, das wir Deutsche sind und verlangt gleich den doppelten Preis. Pah, mit uns nicht mehr. Wir geben ihm 50 Rubel (ca. 3 €) obwohl er 100 haben wollte und steigen aus. Der Fahrer murrt nicht mal. Diesmal haben wir alles richtig gemacht.